Ovenhausen (TKu). In Ovenhausen wurde Geschichte am Wochenende wieder lebendig: Hunderte Ehrenamtliche in historischen Gewändern und historische Festwagen haben beim Heimatfest in Ovenhausen Zeugnis über 1200 Jahre Dorfgeschichte und 450 Jahre Schützenwesen abgelegt. Höhepunkt des Festes war der mehrere hundert Meter lange historische Festumzug, der am Sonntag die Geschichte des Dorfes lebendig und eindrucksvoll in Szene setzte. Im Mittelpunkt stand dabei das neue Schützenkönigspaar Thomas und Silvia Hesse samt Hofstaat, das am Samstag im Burgtal proklamiert wurde, nachdem Ovenhausens erste Schützenkönigin Nadine Husemann nach zweijähriger Amtszeit abgedankt hatte. Ganz Ovenhausen war am Wochenende auf den Beinen, um diese besonderen Jubiläen zu feiern, entweder im Umzug oder am Straßenrand. Das große Heimatfest, das nur alle zehn Jahre stattfindet, bedurfte monatelanger Vorbereitungen, umfangreicher Recherchen und unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden beim Bau der historischen Wagen. Während des großen Festaktes am Sonntag würdigte Landrat Michael Stickeln in seiner Festrede die tiefe Verbundenheit der Ovenhäuser mit ihrer Heimat, erinnerte an die bewegte Geschichte des Dorfes, an Krieg, Frieden, Verlust und Hoffnung und betonte, dass Heimat nicht nur ein Ort sei, sondern ein gelebtes Miteinander über Generationen hinweg. Stickeln überbrachte auch die besten Grüße von Dr. Georg Lunemann, dem Direktor des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL), der aus terminlichen Gründen verhindert war und eigentlich die Festrede halten sollte. Aufgrund der Wetterlage wurde der Umzug zeitlich nach hinten verlagert.
Der anschließende historische Festumzug mit den befreundeten Schützenvereinen und dessen Königspaaren nebst Hofstaat war ein wahrhaft lebendiger Geschichtsunterricht: Mit mehr als 30 liebevoll gestalteten Wagen und Fußgruppen wurde die Geschichte des Dorfes erzählt, beginnend beim sagenumwobenen Ovo, dem Namensgeber des Dorfes, über die bäuerliche Lebenswelt, das Handwerk, kirchliches und gesellschaftliches Leben bis hin zu dunklen Kapiteln des Ortes mit dem Wagen „Die Judenbuche“. Zu sehen waren unter anderem der berittene Herold, der historische Polizeidienst, Kutschen früherer Könige, die Habichtshof-Gruppe, die Heiligenbergkapelle, die „Schule um 1900“, Gärtner-Fußgruppen, der Marktwagen, die Kartoffelernte, der Köhlerwagen, die Zehntscheune, der Wagen zur Schützentradition und Weltkulturerbe, die Ziegenhirten, die Jätzer Mühle, der Brotwagen mit mobilem Backofen, ein Nachtwächter, die Kirche von 1695, eine szenische Bauernhochzeit, der Wagen „Die Judenbuche - Haus Uhlmann“, der Kükenbrunnen, Zimmerer, Kneipenkultur, Schnapsbrennerei, Storchenfreunde, Kräuterfrauen und sogar Tiere, eingebunden von einer Gruppe aus Lütmarsen. Besonders eindrucksvoll war die geschichtliche Tiefe der Darstellung: An die jüdische Gemeinde Ovenhausens wurde durch den Wagen „Die Judenbuche - Haus Uhlmann“ würdig erinnert. Die Familie Uhlmann betrieb einst ein Wohn- und Geschäftshaus, das heute im LWL-Freilichtmuseum Detmold rekonstruiert ist. Zwischen 1805 und der NS-Zeit war die jüdische Gemeinde ein fester Bestandteil des dörflichen Lebens, ehe sie 1941/42 durch Deportation vernichtet wurde. Ein Gedenkstein und der außerhalb des Ortes gelegene jüdische Friedhof erinnern heute daran. Ovenhausen, dessen erste urkundliche Erwähnung im Jahr 887 erfolgte, war einst ein Geschenk König Karls III. an das Kloster Corvey. Der Ort durchlebte Jahrhunderte politischer Umwälzungen, Zerstörungen durch Kriege, Brände und Hochwasser und doch hat sich eine lebendige, zukunftsfähige Dorfgemeinschaft erhalten. Landrat Stickeln brachte es auf den Punkt: „Ovenhausen ist 1.200 Jahre alt – aber ganz sicher nicht von gestern.“ Dieses Heimatfest hat dies auf eindrucksvolle Weise bestätigt.
Fotos/Video: Thomas Kube